Einfache Palindrome Moses Wer mit des Moses grauser Tat verband Die Woge, die sein Arm in Blut verkehrte: Mit ihr das halbe Tier, das in dem Land Ein blindes Volk gleich einem Gott verehrte: Der hat verkehrt, was hin und wieder rennt, So daß es nur ein scharfes Auge kennt. Die Brücke über Rhein und Main Was vorwärts über Main und Rhein Die Brücke hat gebaut, Soll ich dir’s rückwärts sagen? – Nein! Du bist mir zu vertraut. Unendlich durch nichts Von vorn ist eins ohn alle Kraft, Wo nichts unendlich Großes schafft. Von hinten, – ha, welch mächtig Jagen! Die Rosse fliegen und die Wagen. Ein voller Beutel Himmel, daß ich selig sei, Halt mein Herz von Vorwurf frei! Sonst ist alles eitel. Doch von vorn dies wie zurück Einen vollen Beutel! Philalethes spricht Fortschritt in Wissenschaft! Einst meine Losung war, Was dunkel und verhüllt, es werde licht und klar! Mathesis und Physik, Chemie, Biologie Ergriff mit Eifer ich, und dann Philosophie; Denn sie allein versprach, den Schleier mir zu heben, Die Wurzel, die das Schloß der Wahrheit sprengt, zu geben. Hier hofft ich Antwort auf woher? wohin? und wie? – Doch grau und grauer ward mir alle Theorie. Weh mir! Was soll der Mensch, wenn er die Wahrheit mißt? Nicht vorwärts will ich mehr, weil alles rückwärts ist. In der Nacht Das, was Gespenster scheuchet in der Nacht, Schwört mancher rückwärts und wird dann verlacht. Die Wahrheit wandelt sich in Trug Durch mich wird Tugend schlechte Sitte, Die Wahrheit wandelt sich in Trug; Frech mach ich die verschämte Bitte, Zum Toren den, der weis’ und klug. Und lebst du in gewölbtem Zimmer, Gib mir nicht Zutritt zum Gemach! Je mehr es groß ist, um so schlimmer, Du rufst beengt bald Weh! und Ach! Nun wend ich mich. Du wirst entdecken Mich sicher – was entginge dir? – Doch möcht ich mich geschickt verstecken, Daß du mich findest nicht in mir. Der Maler spricht Verzweifelt garstiger Geselle! Es hilft nichts, wie ich dich auch stelle. Versucht ich’s doch, ach! so viel mal, Daß schon erschöpft der Lettern Zahl. In Stellung A gefielst du dir nicht; In Stellung B du dein schief Gesicht, In Stellung C du den Höcker zeigst, In Stellung D dem Thersites gleichst; Und so ging’s fort durchs Alphabet, Es ward nur schlimmer bis zum Zet. Du, vorwärts, häßlich bis zum Lachen, Muß dennoch dich in ihm von hinten machen. Beherrscht Wenn du vorwärts mich beherrschst, darfst du fröhlich lachen, Rückwärts kann dir alles sein, was die Gegner machen. Stets seitwärts Vorwärts und rückwärts Bin ich stets seitwärts. Vorwärts und rückwärts spricht’s Vorwärts spricht’s und rückwärts spricht’s – Wohl! dagegen hab ich nichts. Der Ruf Vorwärts am Menschenfuß, am Pferdehuf; Rückwärts, dem Schützen, Fährmann gilt der Ruf. Der gute Freund Auf was ich vorwärts ihm mein gutes Geld gegeben, Ward rückwärts mir der Freund, da ich es wollt erheben. Trauer und Glück Vorwärts Trauer über Trauer; Rückwärts Glück, doch ohne Dauer. Setze in den Kopf Vorwärts sagt es: Setze in den Kopf! Rückwärts setz’ den übervollen Topf! In Schloß und Dom Womit in Schloß und Dom die Wand Oft herrlich schmückt des Künstlers Hand, Das lies von hinten! Was wirst du finden? Ein Dichter ist’s, der korrigiert, Ein Publizist, den – – schmiert. Kein Ersatz Wählst die Lagerstätte du, Laß Ästhetik dich in Ruh. Schwarz bei Nacht ist jede Kuh; Und für Schlummers süßen Schatz Sind wir, fehlt’s in uns an Platz, Vor- und rückwärts kein Ersatz. Rührt euch! Instrument bei Instrument Ruhet reif in schwangerm Schoß. Rückwärts ruft’s der Dirigent: Rührt euch! munter jetzt drauf los! Als Liebchen es gesprochen Von vornen sagt es schlechtes Glück; Doch mit verstellter Stimme tät ich pochen, Und seliger klang es zurück, Als Liebchen es gesprochen. Für mich und für alle andern Vorwärts hat sie für mich, Rückwärts für alle andern, Und sollt ich fern Penelope Auch zwanzig Jahre wandern. Der Hirt und seine Herde Wie wir dem Hirten lieb, so waren gleicherzeit Von vorn wir und zurück gar oft der Herde Leid. Des Weisen Trachten Worauf gerichtet sei des Weisen Trachten? – Die Welt erkennend, nirgend zu verachten. Das Schönste hat erlesen Der wahren Schönheit allerhöchster Richter, Für jedes Wesen Nicht bloß das »Sei«, Ein Vor- wie Rückwärts spricht er. Zweimal Heil Die Wurzel nenn ich, der das Heil entsprungen, Als aller Rosen lieblichste erblüht. Doch Heil auch ihm, dem rückwärts ich erklungen, Als flehend er die Kniee hielt umschlungen Und banger Zweifel zittert’ im Gemüt. Achtzehn Buchstaben War einmal ein Dirigent, Dem nur fromme Kunst behagte; Gab man Oper und Konzert, Schnell er ob Erschöpfung klagte; Doch nach langer Kirchenfeier, Als ein Freund ihn ängstlich fragte, Ob er nicht zu sehr sich plagte, Dies von vorn, Dies von hinten er ihm sagte. Achtundzwanzig Buchstaben Nettchen führt’ der Großpapa, Wollt ihm Äpflein kaufen; Auf dem Markt die Kleine sah Froh den goldnen Haufen. Doch kommt Volk von fern und nah Drängend zugelaufen: »Alterchen! wer hilft euch da? Müßt ja förmlich raufen, Wollt ihr ein paar Stücke Vorwärts wie zurücke.« Neunzehn Buchstaben Ich hemme vorwärts eitle Redekünstelei! Ich leugne rückwärts, daß ein solcher Fehler sei. Achtfaches Palindrom Der Zeichen viermal vier Schreib im Quadrate mir. Daß links wie nach der Rechten Sie sich zu Worten flechten, Und aufwärts wie nach unten Ein Sinn auch wird gefunden. Lotrecht Des Ersten Bürger trinken viel; Und rückwärts ist sein Busen kühl. Das Zweite liebt den niedern Stand; Und rückwärts macht es frei das Land. Das Dritt’ hat einen Doppelgänger; Rückwärts, sechs Stunden lebt’s, nicht länger. Des Letzten Herz ist oft voll von Tücken; Und rückwärts trägt den Kahn sein Rücken. Waagrecht Der Frühling raubt des ersten Schild; Rückwärts, sein Spiegel zeigt dein Bild. Das Zweite stammt von Sternen her; Und rückwärts zeigt’s das offne Meer. Das Dritte deutet an die Zeiten, Und läßt dich rückwärts weiter schreiten. Des Letzten Schoß gibt Wandrern Ruh; Und rückwärts lobst sein Lächeln du. Die Kunst gibt und nimmt Von vorn ist’s ein Kouvert und sorglich oft verpicket; Von hinten ein Kouvert, doch keins, das man verschicket. Von vorn ein schwankes Schiff, das sinkt, wenn schon im Port; Zurück steht’s ankerfest, kein Sturm reißt’s mit sich fort. Von vorn ruht sich’s hier still, doch nicht in süßen Träumen; Zurück träum ich hier gern, doch lieb’s vor Nacht zu räumen. Von vorn birgt sich’s dem Tag, lichtscheuer Eule gleich, Zurück strebt es aus Nacht zu Phöbus lichtem Reich. In fremden Reizes Schmuck vor und zurück es gleißet, Den Kunst hier liebend gibt, dort strengen Sinns entreißet. Palindrome von und nach der Mitte In Vielweiberei Oft ruft aus süßem Schlummer dreist Dich unser früher Schrei, Und aus- und einwärts leben meist Wir in Vielweiberei. Ich tanze nach der Pfeife Ton Taler in Aussicht wiegen nicht schwer, Sicher lobt ihr mich einwärts mehr. Auswärts führ ich die Opposition. Laßt ihr ganz mich, wie ich bin, Tanz ich ohne starren Sinn Nach der Pfeife Ton. Mutig und klagend Erster Chor: Auswärts und einwärts Wandeln wir heimwärts, Irdischen Glücks Scherz Zieht uns nicht rückwärts, Flüchtiger Zeit Schmerz Scheucht uns nicht seitwärts. Rüstig im Lauf, Herz, Abwärts und aufwärts! Mutig empor, Herz! Vorwärts! Vorwärts! ZweiterChor: Auswärts und einwärts Stehn wir in Ehren, Aber der Pein, Herz, Kannst du ihr wehren? Denkend zurück an Frühere Tage, Klaget das Glück an Bittere Klage; Als wir durch Felder Konnten noch schweifen, Als wir durch Wälder Durften noch streifen, Als zu des Ruders Plätschern im Nachen Tönte des Bruders Spielendes Lachen. Frühling zeigt nimmer uns Rosige Wangen, Ist doch sein Schimmer uns Düster verhangen. Die Geometrie berechnet Hoch in Brasilien Und in Castilien, Tief in Austrasien Und in Westasien. Aus und ein berechnet sie Die Geometrie.